GRID (2019) im Test: Solides Rennspiel das nicht die Qualität des Originals erreicht
Alexander Weißgerber, 20.10.2019

Kurze Zeitreise
Machen wir zunächst eine kurze Reise in die Vergangenheit. Im Jahr 2008 erschien mit Race Driver: GRID ein Rennspiel, das sowohl grafisch als auch spielerisch für Begeisterung sorgte. Fantastische Optik, eingebautes Team Management, Sponsorenauswahl, packender Karrieremodus und spannende Rennen, nachvollziehbares und dennoch hervorragend zugängliches Fahrverhalten. Einfach ein stimmiges Gesamtpaket und auch heute noch ein Rennspiel, das gern aus der sprichwörtlichen Schublade geholt wird und viele Anhänger besitzt.



Danach folgten mit GRID 2 und GRID Autosport zwei Fortsetzungen, die irgendwie den Fokus verloren hatten. Deutlich mehr in Richtung Arcade gehend, ein abgespeckter Karrieremodus und die von vielen Spielern kritisierte fehlende Cockpitperspektive sorgten dafür, dass die Rufe nach einem Remake oder würdigen Nachfolger zu Race Driver GRID lauter wurden.
Als schließlich die Ankündigung kam, dass GRID entwickelt wird und sich stark am beliebten Race Driver: GRID orientiert, war die Freude groß. Und ganz falsch ist das alles auch nicht. Das Fahrverhalten ist weniger deutlich in Richtung Arcade und dennoch keine waschechte Simulation. Dazu gesellt sich eine Breite Auswahl von Fahrzeugen aus unterschiedlichsten Fahrzeugklassen mit modernen Rennwagen und auch echten Klassikern, und die Karriere beschäftigt einen gut 25 Stunden.
Hatte Codemasters nicht genug Zeit?
Doch irgendwie will das neue GRID nicht richtig zünden. Das Rennspiel erweckt an vielen Stellen den Eindruck, als hätte Codemasters die Veröffentlichung überhastet. Da sind zum einen immer wieder Abstürze zu verzeichnen, was sicher durch einen Patch behoben werden wird. Doch bis heute ist davon noch nichts zu sehen. Viel enttäuschender ist jedoch, dass die Karriere so lieblos gestaltet wurde und das Gesamtpaket recht abgespeckt wirkt.

Keine Driftrennen, Ausscheidungsrennen oder irgendetwas anderes. Dazu kommt die angesprochene Kürze. So gehen die Rennen nicht länger als 5 Runden und damit maximal 10 Minuten. Das ist für mich kein richtiger Motorsport sondern einfach nur eine schnelle Runde zwischendurch. Zwar kann man außerhalb der Karriere auch einzelne Rennen fahren mit mehr Runden (bis zu 99), doch das muss stets selbst eingestellt werden und ist eben nicht Bestandteil der Rennfahrerkarriere.
Punkte sammeln ohne Ziel

Motivation ist das alles nur sehr eingeschränkt. Vielmehr war bei mir die Motivation, die Karriere abzuschließen und damit das Spiel vollständig durchzuspielen. Das ist in Ordnung, in sofern also ein Pluspunkt, denn irgendwie hat es GRID geschafft, mich wenigstens dazu zu animieren. Alles in allem aber doch etwas wenig, denn zusätzliche Autos kaufe ich mir einfach wenn ich genug Spielgeld zusammen habe, es gibt aber nichts, worauf ich gezielt hinarbeiten muss. Mein Teamkollege bleibt dabei auch reichlich blass und der ehemalige Erzfeind, das Team Ravenwest, ist auch nur noch ein Schatten seiner selbst.



Die Abfolge der Karriererennen ist relativ stringend vorgegeben. Zwar kann ich zwischen den Verschiedenen Klassen frei wählen, habe jedoch immer nur eine bestimmte Anzahl freigeschalteter Meisterschaften zur Auswahl und muss erst die verfügbaren abschließen, um weitere Meisterschaften zu aktivieren. Das Ziel dabei ist am Ende die GRID World Series Finalrennen zu bestreiten und ganz zum Ende den Ravenwest Showdown zu gewinnen.
Nichts für Profifahrer
Das alles ist viel zu einfach zu erreichen. Selbst auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad ist GRID keine echte Herausforderung. Um wenigstens etwas gefordert zu werden muss man den Schwierigkeitsgrad sofort erhöhen. Erst dann werden die Gegner etwas schneller und sind damit eine Herausforderung. Schließlich kann man bei den Rennen zwar stets eine Qualifying Runde absolvieren, denn sonst startet man von Platz 14-16, doch notwendig ist das nicht. Selbst bei der enormen Kürze der Rennen ist es viel zu einfach, auch ohne Qualifying auf Platz eins zu fahren.

All das wirkt sich indes relativ gering auf das gesamte Renngeschehen aus. Das liegt einerseits daran, dass die Gegner Codemasters-typisch schon von vornherein ziemlich stur und aggressiv unterwegs sind. Zum anderen aber auch wie bereits angesprochen zu langsam fahren. Gern werde ich in Kurven rausgedrängt, obwohl ich eine faire Linie fahre. Doch was besonders nervt, auf geraden Streckenabschnitten wird massiv blockiert. Komme ich aus dem Windschatten und will überholen, zieht der zu Überholende fast immer in genau meine Richtung um den Überholvorgang zu unterbinden. Das kann ja mal ganz lustig sein und authentisch wirken, auf Dauer aber nervt das gewaltig.

Besonders stark fällt die zu einfache KI bei Rennenrennen auf. Habe ich Fahrhilfen komplett deaktiviert, wird zwar auch für mich die Kontrolle der Boliden deutlich schwerer, doch so langsam wie dann die Gegner unterwegs sind frage ich mich manchmal, ob Codemasters an eine Zielgruppe gedacht hat, die noch nie Rennspiele angefasst hat.
Tolle Lichteffekte - kein dynamisches Wetter
Dabei fällt auf, dass Regenrennen nicht dynamisch sind. Also generell sind sowohl das Wetter als auch die Tageszeiten nicht dynamisch. Wenn es regnet, dann das ganze Rennen über. Ebenso wenn einmal die Sonne scheint, dann ändert sich auch das nicht.

Auch sonst sieht GRID gut aus. Zwar ist es nicht so, dass GRID Begeisterungsstürme auslösen kann, dafür wäre etwas wirklich Neues notwendig und auch die Vorgänger waren bereits alles andere als hässlich, doch GRID ist wirklich schön. Ebenfalls positiv hervorzuheben ist die endlich wieder vorhandene ordentliche Cockpitperspektive. Diese hat leider in den meisten Fahrzeugen eine zu weit hinten sitzende Blickposition, so dass einem der Innenraum der Fahrzeuge enorm lang vorkommt und das Gefühl vermittelt, ich würde im Auto auf der Rückbank sitzen. Das schmälert die Cockpitperspektive dann doch ein wenig.

Schaden und Sound
Ebenfalls mehr zum grafischen Aspekt zählt auch das Schadensmodell. Aufschlagende Türen, Motorhauben, Kofferraumklappen und all das auch so konzipiert, dass es abreißen kann. Dazu reichlich zerbeultes Blech und geborstene Scheiben. Sieht alles hervorragend aus, wirkt sich jedoch nur extrem gering auf das Fahrverhalten der Autos aus, obwohl ich die Option explizit im Menü aktivieren kann.
Es zeigt sich also auch hier, dass es um puren Spielspaß und Einsteigerfreundlichkeit geht.

Anfangs wirklich positiv überrascht haben mich die Dialoge zweier Kommentatoren vor Beginn eines jeden Rennens. Gespräche die clever beendet werden, wenn ich vorzeitig das Rennen starten möchte. Doch all das wird leider zu schnell nervig, weil sich die Zahl der Dialoge stark in Grenzen hält und damit ständig wiederholen.

Einen Splitscreen Modus sucht ihr vergeblich und im Bereich Multiplayer über das Internet hält sich die Optionsvielfalt ebenfalls stark in Grenzen.
Nach all dem Text bleibt die Frage offen, wer GRID bedenkenlos kaufen kann, und für wen es sinnvoller ist, einen Bogen um das neue Rennspiel zu machen. Die Antwort auf diese beiden Fragen gibt es im Fazit zum Testbericht: zum Fazit >>